Fast vergessener Greif auf Motorhaube
Museum: Manfried Bauer und seine Lebenspartnerin Tamara von Karzoff leiten das Stoewer Museum in Wald-Michelbach

WALD-MICHELBACH. „Schon als Jugendlicher habe ich mich für alte Autos begeistert“, sagt der stolze Besitzer des einzigen Stoewer-Museums der Welt. Dass Manfried Bauer die Liebe zu den Fahrzeugen mit dem Greif auf der Motorhaube entdeckte, war eher ein Zufall. Und das, obwohl er in unmittelbarer Nähe der Stoewer-Fabrik in Stettin geboren wurde. Seine Eltern, die während des Zweiten Weltkriegs die Stadt verlassen hatten, drängten ihren Sohn immer wieder, seine Geburtsstadt aufzusuchen. „Damals ging es bei mir ins eine Ohr rein und zum anderen wieder raus“, sagt Bauer und lacht. Schließlich fuhr er 1984 mit seiner Familie zu einem Welt-Camper-Treffen an die polnische Ostsee. Ein Tag Stettin war eingeplant.

„In der Stadt musste ich ständig an die Worte meiner Eltern denken und irgendwann sprang bei mir der Funke über. Seit diesem ersten Besuch versuchte ich mehr über Stettin herauszufinden“, erzählt Bauer. „In einem Buch entdeckte ich, dass hier früher Stoewer produziert wurden“, sagt der Oldtimersammler. Doch keiner schien davon noch etwas zu wissen. „Nicht einmal die heutigen Stettiner.“

Besessen von der Idee, ein Fahrzeug aus seiner Heimatstadt zu besitzen, fing Bauer an, nach den vergessenen Gefährten zu suchen. „Ein Schweizer Sammler hatte zwar Stoewer, wollte sich aber nur ungerne von ihnen trennen.“ Schließlich gelang es Bauer, ihn zum Verkauf eines restaurierungsbedürftigen Stoewer Greif zu bewegen. Sieben Jahre dauerte die komplette Erneuerung des Autos. „Und so sieht er jetzt aus“, Bauer zeigt stolz auf ein rotes Cabriolet, das am Eingang des Museums platziert ist.

Parallel zur Suche nach alten Modellen wollte Manfred Bauer etwas über die Geschichte der Stoewer-Werke erfahren. „Ich suchte nach ehemaligen Mitarbeitern und fand etwa 50.“ 1994 mietete Bauer einen Bus und fuhr mit ihnen nach Stettin. „Das war unglaublich“, erinnert er sich, „die Leute waren seit dem Krieg nicht mehr hier gewesen und hatten sich viel zu erzählen“. Der Kontakt mit der Geburtstadt hatte sich immer mehr verstärkt. Als die Automobilfabrik, die im Jahr 1896 ihr erstes Gefährt auf den Markt brachte, Jubiläum hatte, fuhren 15 Stoewer-Freunde mit ihren Oldtimern nach Polen. „Die polnische Firma Polmo SA, die die alten Hallen übernahm, feierte mit uns.“

2002 erfüllte sich Manfried Bauer in dem idyllischen Städtchen Wald-Michelbach den Traum vom eigenen Oldtimermuseum mit einer prächtigen Sammlung. Im Erdgeschoss des Museums in einem ehemaligen Bankgebäude in Wald-Michelbach erinnert alles an die Zeiten, in denen der Stoewer ein Star war. In den kleinen Glasvitrinen liegen alte Plaketten, Werbegeschenke, Autozubehör, Bücher und kleine Anstecknadeln. An den Wänden hängen Werbeplakate, Bilder der Familie Stoewer sowie alte Stadtpläne von Stettin. „In dem ehemaligen Safe haben wir alle alten Dokumente und Prospekte chronologisch archiviert“, sagt Bauer. Der Sammler hat gute Arbeit geleistet.

„Vieles ist nach dem Krieg in falsche Hände geraten und wurde über die ganze Welt zerstreut“, erzählt Bauers Lebenspartnerin Tamara von Karzoff, deren Vater Vertriebsleiter der Firma Stoewer war. Ein Stockwerk tiefer kann man alte Schreib- und Nähmaschinen sowie Fahrräder der Marke Stoewer bewundern. „Alles begann mit den Nähmaschinen“, erklärt Bauer. Erst, als die Söhne Stoewers, Emil und Bernhard junior, das 
rk übernahmen, entdecken sie eine neue Passion - die Autos.

Ein weiteres imposantes Auto sticht ins Auge. „Das ist ein alter C2 aus dem Jahr 1913“, sagt Bauer. Eine riesige Außenhupe schmückt das dunkelblaue Fahrzeug. Der Innenraum bietet viel Platz, auf dem Beifahrersitz liegt eine große rote Kelle.

„Wer abbiegen wollte, musste sie aus dem Fenster halten“, erklärt der Sammler. Elektrik gibt es keine an diesem Auto. „Die Scheinwerfer wurden mit Petroleum betrieben.“ Ungewöhnlich ist der Fahrersitz auf der rechten Seite. „Die alten Verkehrsregeln besagten, dass die Autos auf der Mitte der Fahrbahn fahren müssen und wenn ein Auto entgegen kam, wurde es auf der linken Seite überholt“, erzählt Bauer.

Besonders stolz ist er auf den dunkelblaue Stoewer Arkona aus dem Jahr 1939. „Es wurden nur drei Stück davon gebaut“, bemerkt er. Das Auto hat er in den USA gefunden und mit der Fähre nach Deutschland transportiert. „Als ich es am Hafen abholte, traute ich meinen Augen nicht“, erinnert sich der Oldtimerbesitzer. „Der Zustand war grauenvoll.“ Doch nach vierjähriger Restaurierung nimmt er heute an vielen Rallyes teil. „Damals war das Auto ein Vorzeigeobjekt und stand auf der Internationalen Automobilausstellung in Berlin.“

Die Liebe Bauers zu den alten Automobilen brachte eine zweite große Liebe mit sich. Die Geschichte zweier Menschen, die in Stettin geboren wurden und sich Jahrzehnte später begegneten: Tamara von Karzoff wusste nicht viel über ihren Geburtsort und ihren Vater. „Mir war bekannt, dass er Vertriebsleiter bei den Stoewer-Werken war.“

Ihr Sohn wollte über Manfried Bauer, der eine historische Arbeitsgruppe leitete, mehr über seinen Opa in Erfahrung bringen. „Ich hatte leider nur alte Fotos vom Stoewer-Gästehaus, in dem ich mit meiner Mutter gewohnt habe.“ Ihren Vater hatte Tamara von Karzoff nicht kennen gelernt. „Er ist nicht aus dem Krieg zurückgekehrt.“ Die Mutter habe nie von den alten Zeiten erzählt. Nachdem Bauer erfuhr, dass Tamara noch nie in Stettin war, lud er sie ein und zeigte ihr den alten Arbeitsplatz ihres Vaters. Mittlerweile verwaltet das Paar seit zwei Jahren das Stoewer-Museum. Obwohl es kaum noch Platz auf den zwei Ebenen des Gebäudes gibt, fehlt etwas. „Den ersten Stoewer aus dem Jahr 1899 hätten wir gerne“, sagt Bauer und lächelt. Im Moment steht das droschkenähnliche Gefährt im Moskauer Museum. Und bis die Russen sich zum Verkauf entschließen, muss sich der passionierte Sammler mit einem Gemälde begnügen.

Begeisterte Oldtimerfans können das Stoewer Museum jeden ersten Sonntag im Monat sowie nach Vereinbarung besichtigen. Infos: Stoewer Museum, Michelstraße 2, Wald-Michelbach, Telefon 06151 57227, Fax 06151 593548, E-Mail info@stoewer-museum.de und im internetwww.stoewer-museum.de

Begeisterte Oldtimerfans können das Stoewer Museum jeden ersten Sonntag im Monat sowie nach Vereinbarung besichtigen. Infos: Stoewer Museum, Michelstraße 2, Wald-Michelbach, Telefon 06151 57227, Fax 06151 593548, E-Mail info@stoewer-museum.de und im internetwww.stoewer-museum.de

Daria Polasik
26.7.2004

 

Quelle: Starkenburger Echo vom 26.7.2004


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