Mit dem Ende des Krieges kam das Aus für Stoewer
Historiker Dr. Paul Simsa ging auf Höhen und Tiefen in der Geschichte der Automobilmarke ein

Wald-Michelbach.  (kko) Ausführlich ging Historiker Dr. Paul Simsa beim Festakt zur Einweihung des Wald-
Michelbacher Stoewer-Museums auf die Höhen und Tiefen in der Historie der Autombilmarke Stoewer ein. Die Automobilgeschichte bestehe ja aus vielen Krisen, meinte er einleitend, fast alle Marken der herrlichen Oldtimer seien ja mittlerweile verschwunden.

  Bei der Familie Stoewer sei die Idee des Automobils zunächst gar nicht willkommen gewesen, die Söhne hätten sich aber voller Begeisterung auf dieses Thema gestürzt und als erstes viele bekannte Modelle nach-
gebaut. Da in dieser Zeit wohl die Geschäfte mit den Fahrrädern nicht mehr so gut gingen, habe man sich schließlich doch für die Autoproduktion entschieden.

  Schon früh hätten die Stoewers erkannt, dass gut gestellte Menschen wie Ärzte großes Interesse daran hatten, einen kleinen Wagen zu erwerben, den sie selbst lenken konnten. Dieses Geschäft habe sich sehr gut angelassen, da Bernhard Stoewer vor allem auf diejen-
igen setzte, die bereit waren etwas mehr zu bezahlen. Außerdem sei Stoewer intentsiv in den Tourensport eingestiegen und habe hier auch großen Erfolg gehabt.

  Der erste Weltkrieg sei für die Automobilhersteller eine absolute Katastrophe gewesen, Stoewer habe mit sei-
nen Nutzfahrzeugen allerdings gute Geschäfte gemacht. Ein großer Vorteil sei auch gewesen, dass Stoewer über eine eigene Karosseriefabrik verfügte. Nach dem Krieg sei die Welt viel schwieriger geworden, die Stoewer- Wagen seien zeitweilig gar auf Metallrädern "herum-
gehumpelt", bevor es wieder möglich war, an Rohstoffe heranzukommen.

In die Inflation gerutscht

1922/23 sei Deutschland dann in die Inflation hinein- gerutscht, damit seien die deutschen Autos im Ausland
sehr billig geworden. Auch die Stoewer-Werke seien 1925 an den Rand des Ruins geraten, unter anderem
auch dadurch, dass die deutschen Techniker kaum
Kontakt zum Ausland hatten. Dann habe sich die
deutsche Wirtschaft aber wieder erholt. Auch Stoewer habe die Zeit durchgestanden, ohne unterzugehen.

  Am Ende der 20er Jahre sei die Weltwirtschaftskrise ausgebrochen und Stoewer sei wieder in Schwierig- keiten geraten. Zu dieser Zeit sei die Stadt bei der Fabrik mit eingestiegen. Die Stoewers hätten immer große Angst vor den Banken gehabt, während andere deut-
sche Automobilhersteller in Notzeiten durch Banken aufgefangen wurden. So sei seinerzeit beispielsweise aus vier maroden Betrieben die "Auto-Union" entstan-
den. Zu dieser Zeit habe Stoewer ein wunderschönes Auto konstruiert, das nur einen gravierenden Fehler hatte, einen V-Zweizylinder, eine echte Fehlkonstruk- tion. Ein ganz tolles Projekt sei dagegen der V-Achtzy-
linder gewesen.

  Mit dem Aufstieg des Dritten Reiches sei der große Aufschwung gekommen, in dieser Zeit hätte Stoewer das richtige Auto haben müssen, meinte Simsa. Gerade zu dieser Zeit habe die Firma aber nur ein "Flickwerk" präsentiert. In der Zeit, als alles auf Rüstungsproduk- tion umgestellt wurde, seien die Stoewer-Automobile eher auf der Strecke geblieben, der Frontantrieb sei dann auch nicht mehr erwünscht gewesen, führte Simsa aus.
   
  Schließlich habe die Fabrik einen Lastwagen für die Wehrmacht in recht großer Stückzahl produziert. Mit dem Ende des Krieges sei dann aber auch das Ende der Stoewer-Werke gekommen. Im Fazit stellte der Histo-
riker fest, die Stoewer-Fahrzeuge seien immer harmo-
nisch und gut gewesen.



Quelle: Odenwälder Zeitung vom 22.4.2002

Zurück zur Presseschau-Übersicht